Wie ich für ein paar Zigaretten die Sonne bekam

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… oder wie die kleinen Dinge Spuren hinterlassen können

Es war auf dem Kirschblütenfest in Enger 2018. Das Kirschblütenfest ist eine kleine aber feine Frühlingskirmes der Stadt Enger im Kreis Herford.

Ich war mit meiner Familie dort (Ehefreund und gemeinsame Tochter), und wir hatten vor, viel Spaß zu haben.

Im Twister juchzte ich lauter als unsere Tochter, die eher darauf bedacht war, cool zu wirken (mit 7 Jahren, nee ist klar). Im Autoscooter durfte sie, neben meinem Mann sitzend, ans Lenkrad. Sie fuhren viermal und mit konzentriert in den Mundwinkel gesteckter Zunge, fuhr sie sicher und geschickt durch die Lücken, und ging gelassen und voller Spaß damit um, wenn sie gerammt wurden oder es mal kurz wegen „Stau“ in einer Ecke nicht weiterging.

In einem Simulationsfahrgeschäft ging es durch eine gruselige Mine. Man schaute mit 8 anderen Menschen in einem wohnzimmergroßen Kasten auf eine kleine Leinwand, der sich, je nach Szene, gefährlich neigte, stark ruckelte und nach vorne oder hinten kippte. Ich, ganz Glucke, wollte meinen Arm um meine Tochter legen, damit sie von den heftigen Bewegungen des Kastens in dem wir saßen, nicht von ihrer Sitzbank kippte, aber sie starrte gebannt und grinsend auf die Leinwand und genoss sichtlich das Erlebnis. Klasse war es!

Im Atelier „Andrea malt“, das einer sehr lieben, mir bekannten Unternehmerin gehört, konnten wir uns kreativ betätigen und für ein von ihr geplantes Buch mit geplanten mindestens 40 kreativen Seiten, malen oder schreiben.

Schaufenster Atelier „Andrea malt“, 29.04.2018

Mein Mann und unsere Tochter malten sehr lebendige Kreationen, ich schrieb ein zweiseitiges Gedicht. Was für eine Freude – in dem ganzen Trubel zu schauen, was das eigene Herz gerade ausdrücken möchte.

Auch auf einem Trampolin mit Gurt konnte unsere Tochter  so hoch hüpfen wie es auf dem Gartentrampolin nicht möglich ist, und mehrere Rückwärtssaltos präsentieren, ohne das jemals geübt zu haben.

Und da nahm es seinen Lauf
Während sie so hüpfte, nahm ich einen ausgeprägten Jieper nach einer Zigarette bei mir wahr. Ich hatte meine Zigaretten jedoch zuhause liegen lassen, in der Annahme, dafür auf dem Kirschblütenfest überhaupt keine Gelegenheit zu haben. Da ich nicht so viel rauche, ging ich davon aus, einige Stunden sehr gut aushalten zu können. Aber wie es immer genau dann regnet wenn man gerade keinen Schirm dabei hat, kam der Schmacht natürlich während unsere Tochter ihre Saltos hinlegte.

Mein Mann war so herzig und schnorrte bei einem anderen Besucher eine Zigarette für mich ab. Der Gute. Ich stellte mich also an den Rand des Geschehens, um mit dem Rauch mein Umfeld möglichst wenig zu belästigen.

Ich stand an einer Reihe von Heuballen, auf denen ein Aussteller seine Gartenaccessoires aufgebaut und drapiert hatte. Handgeschmiedete Eisenfiguren an Eisenstangen, die man ins Blumenbeet oder einen größeren Topf stecken kann. Sonnen, Blumen, Vögel, sowas eben.

Diese Aufbauten im Rücken genoss ich den Blick auf Tochter, Getümmel, Mann und Freunde, die wir inzwischen getroffen hatten.

Plötzlich wurde ich von hinten angesprochen.
„Guten Tag, darf ich Sie gerade aufmerksam machen? Sie stehen direkt an den Heuballen, nicht dass Sie gleich einen warmen Hintern bekommen, wegen Ihrer Zigarette.“

Ich drehte mich um, und sah einen freundlich lächelnden Mann um die 60. Wir kamen in ein lockeres Gespräch, in dem wir die von mir bereits wahrgenommene Gefahr eines Brandes erörterten, und unterhielten uns weiterhin über die Produkte dort, bei denen er „nur“ den Vertrieb mache, aber ein Freund würde sie herstellen, und er sei auch auf der Landesgartenschau in Bad Iburg dieses Jahr und so weiter.

Er fragte mich schließlich, ob er wohl eine Zigarette von mir bekommen könne. Er komme nicht weg bis zum Abend und habe keine mehr, ob ich ihm wohl eine geben würde. Ich lachte und sagte, dass ich meine auch nur jemand anderem abgeschnorrt hätte, nicht einmal selbst sondern durch meinen Mann, und ihm sehr gern eine abgeben würde, aber ich hätte leider selbst keine dabei. Wir lachten gemeinsam und ich versprach, wenn ich noch an Zigaretten kommen würde, dann nochmal vorbeizukommen.

Wir beendeten das Gespräch, weil meine Familie und unsere Freunde schon weitergegangen waren zum nächsten Fahrgeschäft.
Ich glaube, dass er davon ausging, dass es ein Lippenbekenntnis von mir war, nochmal vorbeizukommen.

So kann es gehen…
Weil es einfach ein netter Kontakt war, so wie ich es aus Irland oder Schottland kenne, wo man das meint was man sagt, und auch ohne Handschlag, ganz unbürokratisch, Verbindlichkeit lebt, nahm ich mir vor, dass ich ihm, egal woher, noch einen Vorrat vorbeibringen würde, der bis zum Abend reichen würde.

Ich folgte Familie und Freunden, und nach kurzer Zeit war auch für uns der Kirmesnachmittag beendet. Auf der Heimfahrt informierte ich meinen Ehefreund, dass ich gern nochmal losfahren wolle um dem Mann einfach noch ein paar Zigaretten zu bringen. Mein Mann kennt meine gern mal etwas untypischen Ideen und Aktionen schon, und wusste ja auch, dass er mir vertrauen kann.

Ich steckte zuhause also eine halbvolle Schachtel Zigaretten ein und fuhr nochmal zum Kirschblütenfest, es war ja quasi um die Ecke.
Innerlich grinsend ging ich zu dem Platz, an dem das Trampolin und der Angebotsbereich der Gartenaccessoires standen.

Als der Mann (ich weiß seinen Namen nicht) mich erblickte und wiedererkannte, gab ich ihm die Schachtel mit den 7-8 Zigaretten und sagte, dass die hoffentlich bis zu seinem Feierabend reichen würden und er sie hoffentlich auch einigermaßen möge.
Und – yes – er war total von der Rolle!

Er bedankte sich ein wenig fassungslos, rief: „Sie sind ja ein Engel!“, hatte seine Fassung aber schnell wieder, als ich sagte: „Danke, das weiß ich. Es muss schließlich auch kleine Wunder im Alltag geben.“

Die Sonne
Ich bekam eine „rostige Sonne am Stiel“ zum Dank, für unseren Garten. Damit für mich immer die Sonne scheine.
Ich sagte zwar, dass ich ihm einfach so aus lauter Lebensfreude die Zigaretten habe schenken wollen, aber ich glaube, ich hätte mich auch nicht abbringen lassen, einem lieben Menschen etwas von mir „zurück“ schenken zu wollen.

Ja, und so kam ich auf dem Kirschblütenfest Enger einfach so zu einer wunderschönen rostigen Sonne, die mich nun immer daran erinnern wird, dass es nicht weh tut, sondern im Gegenteil Spuren der Menschlichkeit hinterlässt, wenn man einfach mal spontan eine freundliche Geste vom Stapel lässt.

Denn jede Geste der Menschlichkeit zählt. Ob zwischen Freunden oder Fremden.
Und…
„Wenn viele kleine Menschen an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können sie das Gesicht der Welt verändern.“ (aus Afrika)

Echte Begegnung ist echtes Leben – Urlaub von Whatsapp

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Old Habits - New Habits signpost in a desert road backgroundSeit einem Jahr bin ich stolze Besitzerin eines Smartphones, das man mit mehr oder weniger nützlichen Apps ausstatten kann, unter anderem Whatsapp. Ich liebe Medien und Kommunikation, und alles was man nachrichtentechnisch damit anstellen kann.
Mit zunehmender Dauer der Nutzung insbesondere von Whatsapp stellte ich jedoch fest, dass immer mehr Nachrichten von immer mehr Menschen eintrudelten. Mit einigen konnte ich etwas anfangen, mit anderen weniger. Immer wieder erhielt ich Benachrichtigungen und erlebte in mir zunehmenden Druck, auch alle beantworten zu wollen. Klingt doof, aber ich bin nun mal ein Mensch, dem Verbindlichkeit wichtig ist, gerade in der Kommunikation.

Ab Herbst 2015 wurde selbst mir als bekennender Kommunikations- und Medienfreakin zuviel. Weil ich nicht mehr wusste, was „man“ auf Spaß-Videos antworten soll, oder auf Kettenbrief-Nachrichten die ich nicht haben will usw.

Nun habe ich mich erst einmal ausgeklinkt und mich aus der App rausgezogen.

Als Kind von ca. 8 Jahren wohnte ich mit meiner Familie schräg gegenüber von einer anderen Familie mit Kindern. Das Kinderzimmer von deren Tochter, mit der ich eng befreundet war, konnte ich von meinem Kinderzimmerfenster aus sehen, und wir haben uns irgendwann Morsezeichen überlegt, mit denen wir per Taschenlampe abends noch einander „Gute Nacht“ und ein paar andere Nachrichten morsen (!) konnten!
Aber jetzt kommt’s: Ich träumte bereits damals davon, dass ein Gerät erfunden würde, mit dem man sich richtige Nachrichten schreiben könne, auch wenn man sich nicht sähe. Das war 1983!

Und nun habe ich mich von Whatsapp abgemeldet, was bei einigen Freunden zu Irritationen führte, weil „man“ doch Whatsapp haben „muss“. Dabei bin ich noch auf allen anderen Kanälen zu erreichen. SMS, Facebook (!), E-Mail, auch kann man mich auf so etwas wie einem Festnetz anrufen, welches sich nur noch meldet wenn die eigenen Eltern anrufen.

Wenn Menschen mit ernstem Blick und gekrauster Stirn aufs Smartphone blicken, sind sie nicht im Hier und Jetzt, wo das Leben stattfindet.
Es wirkt autistisch auf mich, abgeschottet von der wirklichen Welt, von sich selbst. So wirke ich sicher auch, wenn ich aufs Smartphone schaue. Und ich merke: Das möchte ich für mich nicht.
Ich kenne mich gut genug, um zu wissen, dass meine Faszination für die aktuellen Kommunikationsformen nicht erstirbt, irgendwann – bald wahrscheinlich – werde ich sicher wieder „bei Whatsapp sein“. Aber ich brauche gerade ein reduziertes Maß an Nutzung dieser Dinge.

Ich mache jetzt testweise für ein paar Wochen Urlaub von Whatsapp. Auch werde ich später Urlaub von Facebook machen, vielleicht auch von anderen Dingen. Einfach, um aufmerksam zu bleiben und im Hier und Jetzt zu bleiben. Denn DAS fühlt sich nach LEBEN an: Zu SEIN, wo ich BIN. Mit Körper, Geist UND Seele.
Ich würde mich auf dem sprichwörtlichen Sterbebett schwarz ärgern, wenn mir bewusst würde, dass ich so viel Lebenszeit mit virtueller Kommunikation vertan hätte.

Denn echte Begegnung ist echtes Leben.

Und es liegt auf der Hand, welche Bedürfnisse wir uns mit Whatsapp erfüllen.
Dabei können wir sie uns auch auf anderem Weg erfüllen!
Habt Ihr eine Idee? ;)

Bekommst Du zuviele Whatsapp Nachrichten?

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Bekommst Du zuviele Whatsapp Nachrichten?

Es ist eigentlich ganz einfach, die Nachrichtenflut zu reduzieren, z.B. indem Du Deine eigene Nutzungsgewohnheit veränderst. „Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es hinaus“, heißt es. Sobald Du mit anderen oder weniger Nachrichten in den „Datenwald“ hineinrufst, wird sich auch für Dich der Nachrichteneingang reduzieren.

Das macht Dir Angst? Es ist schön für Dich, Nachrichten zu bekommen, weil Du Dich dadurch gesehen fühlst? Weil Du dadurch dem Alltag entfliehen kannst?

Vielleicht kannst Du das Bedürfnis, das Du Dir mit Whatsapp erfüllst, auf anderen Wegen erfüllen. Z.B. mit echten Begegnungen statt mit virtuellen? Mit einem Telefonat, ganz oldschool übers Festnetz? :)

Vielleicht magst Du Dir Gedanken machen, wie man Whatsapp auch nutzen kann. Dann ist für Dich sicher die Geschichte mit den drei Sieben interessant:

Eines Tages kam einer zu Sokrates und war voller Aufregung.
„He, Sokrates, hast du das gehört, was dein Freund getan hat? Das muss ich dir gleich erzählen.“
„Moment mal“, unterbrach ihn der Weise. „hast du das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe gesiebt?“
„Drei Siebe?“ fragte der Andere voller Verwunderung.
„Ja, mein Lieber, drei Siebe. Lass sehen, ob das, was du mir zu sagen hast, durch die drei Siebe hindurchgeht.
Das erste Sieb ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?“
„Nein, ich hörte es irgendwo und . . .“
„So, so! Aber sicher hast du es mit dem zweiten Sieb geprüft. Es ist das Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen willst – wenn es schon nicht als wahr erwiesen ist -, so doch wenigstens gut?“
Zögernd sagte der andere: „Nein, das nicht, im Gegenteil . . .“
„Aha!“ unterbrach Sokrates. „So lass uns auch das dritte Sieb noch anwenden und lass uns fragen, ob es notwendig ist, mir das zu erzählen, was dich erregt?“
„Notwendig nun gerade nicht . . .“
„Also“, lächelte der Weise, „wenn das, was du mir das erzählen willst, weder erwiesenermaßen wahr, noch gut, noch notwendig ist, so lass es begraben sein und belaste dich und mich nicht damit!“

Probier es aus, für einen Tag oder eine Woche, oder wenn Du ganz mutig bist, für einen Monat. ;) Du wirst sehen wie sich Dein (Er-)Leben im Hier und Jetzt verändert.

Herzlicher Gruß aus dem Hier und Jetzt! ;-)

Barbara Hoffmann